Werkstattbegehung in kleiner Gruppe ein fiktiver Atelierbesuch

Von Menno Fahl

Ich hatte irgendwo ein Ornament verloren und entschied mich deshalb zu einer Werkstattbegehung.

Was sich mit Worten nicht suchen lässt, wird in Gedanken kaum zu finden sein, das wusste ich bereits. Ob das wohl auch die Meinung meiner lästigen Besucher war? Da fährt schon der erste wie ein vollbesetzter D-Zug ungebremst vor und nimmt noch die ganze Stadt mit. Und während die meisten noch (zurecht) den Eingang am Ausgang suchen, hat sich ein anderer offenbar selbst völlig vergessen.

Trotzdem betrete ich mit einer kleinen Gruppe den Raum - ein atelierartiger Bretterverschlag - und stelle fest, dass es überhaupt nicht mein eigener ist! Gut, die Werkstattbegehung findet also komplett ohne mich statt.

Doch wenn ich selbst mein bester Besucher bin, kann jeder der anderen nur sein eigener Gast sein. Also: wer sind diese Herren in Grün und Zinnober, was will die Dame in Grau?

Ich finde nicht den Weg durch das rosa Farbgeflüster und mache erst mal Bestandsaufnahme:
Rot ist nicht der Tod, das Blau nicht auf dem Dach. Besser die Hand auf dem Braun als Schwarz und Gelb auf der Hose.

Dazu Sägen, Hämmer, Reißzwecken und Knochenleim. Ein Ratatouille aus billigen Abtönfarben und Motoröl - wer hat das ganze Orchester bestellt?

Nein, so finde ich nicht den großen Manitu.

Hinten im Lager herrscht Schneegestöber, im Wasserglas auch. So kann man nicht arbeiten!
Pinsel, Pansen, Artischocken - auch die kleine Küche fängt nicht groß an.

Für die überraschten Augen meiner bereits zur Hälfte übermalten Besucher muss ich einen völlig neuen Ordnungsversuch wagen.

Von diesem Zeitpunkt an bin ich allein im Raum. Hinter einer Ecke heult ein fahler Vollmund. Doch in dieser Nacht regt sich keine Gestaltung. Ich bin noch nicht mal im Ansatz zu erkennen und die Besucher applaudieren immer in die falsche Richtung.

Zackzack, ich kopiere mich auf sämtliche freie Leinwände und lösche mich dabei versehentlich selbst aus.

Das ist ein erster konstruktiver Einstieg! Ich überarbeite mich noch einmal völlig, drehe ein, zwei Pirouetten um mich selbst und stehe letztendlich vor einem angefangenen Ergebnis.

Da meine Gäste inzwischen mit mir auf das Niveau von humorigen Schauunlustigen gesunken sind, nehme ich noch einmal den großen Quast und radiere sie deprimiert komplett aus.

Damit ist die Werkstattbegehung abgeschlossen. Meine Besucher - ein hoher Repräsentant, zwei Damen aus Dachlatten und Wellpappe sowie ein Herr vom Ordnungsamt - übernehmen lachend und mich leise verabschiedend die Bühne und ich bin endlich wieder allein zu Haus!...

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